Vom Schatz im Acker und der kostbaren Perle
44 Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker.
45 Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte,
46 und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.
Daskalos
Die zwei Gleichnisse behandeln dasselbe. Im ersten Gleichnis bedeutet der 'Acker' physischer Leib, Materie, Erde, Boden. Der 'Schatz' ist das Seelen-Selbstbewusstsein. Hat jemand einmal den Schatz im Acker gefunden, d.h. er ist in sich zu Selbstbewusstsein gekommen, dann kümmern ihn äusserliche Besitztümer nicht mehr. Diese Person verkauft alles und konzentriert sich auf den 'Schatz'. Und dieser ist das Reich des Himmels. 'Kaufte das Feld' bedeutet zu erkennen, dass Du selbst die menschliche Gestalt angenommen hast, sie trägst, formst und sie Dir wie ein Werkzeug dient.
Im zweiten Gleichnis steht die Perle für unser Ich; es ist eine Variation des ersten Gleichnisses. Ein Kaufmann suchte nach edlen Perlen und sammelte sie, und als er diese wertvollste Perle sah, verkaufte er all seinen Besitz, nur um diese eine zu erwerben. 'Verkaufte sie' bedeutet: er gab sie auf. Die Perlen, die er bereits hatte, stehen für die Emotionen, Leidenschaften, Begierden des materiellen Körpers, seine Lebensweise, seine Beziehungen und der egoistische Genuß, den er von alledem hatte. Das nämlich war es, wofür er lebte, was er 'sammelte', und was er schätzte und liebte - bis er sein wahres, inneres Selbst fand. Nur indem er seinen Egoismus überwindet, der nichts anderes als die Gesamtheit seiner ehemaligen 'Schätze' ist, konnte er diese eine wertvolle Perle erwerben: sein wahres Selbst, sein höheres Ich, die Bewusstseins-Seele. Als er dieses erkannte, wollte er nichts anderes und kümmerte sich fortan allein um Selbst-Verwirklichung.
Die törichten und die klugen Jungfrauen (Matt. 25: 1-13)
Dann wird es mit dem Reich der Himmel sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und hinausgingen, dem Bräutigam entgegen. Fünf aber von ihnen waren töricht und fünf klug. Denn die Törichten nahmen ihre Lampen und nahmen kein Öl mit sich; die Klugen aber nahmen Öl in ihren Gefäßen samt ihren Lampen. Als aber der Bräutigam auf sich warten ließ, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein. Um Mitternacht aber entstand ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam! Geht hinaus, ihm entgegen! Da standen alle jene Jungfrauen auf und schmückten ihre Lampen. Die Törichten aber sprachen zu den Klugen: Gebt uns von eurem Öl! Denn unsere Lampen erlöschen. Die Klugen aber antworteten und sagten: Nein, damit es nicht etwa für uns und euch nicht ausreiche! Geht lieber hin zu den Verkäufern und kauft für euch selbst! Als sie aber hingingen, zu kaufen, kam der Bräutigam, und die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit; und die Tür wurde verschlossen. Später aber kommen auch die übrigen Jungfrauen und sagen: Herr, Herr, öffne uns! Er aber antwortete und sprach: Wahrlich, ich sage euch, ich kenne euch nicht. So wacht nun! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.
Daskalos
Jede Gruppe von fünf Jungfrauen mit ihren Lampen repräsentiert die Ich-Persönlichkeit mit ihren fünf Sinnen: Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, Tasten. Ein Teil der Menschen gebrauchen ihre Sinne mit Vernunft, sinnvoll; Vernunft ist das "Öl", das Licht gibt. Und der andere Teil der Menschen? Sie kümmern sich nicht darum, was sie sehen oder schmecken, was sie essen oder was sie tun. Sie nehmen keinerlei Notiz davon, was ihre Sinne wahrnehmen. Nun, was geschieht mit denen, die ihre Göttlichen Gaben, d.h. die fünf Sinne vernachlässigen oder mißbrauchen? Manche Menschen verwenden also ihre Sinne weise, andere töricht. Dadurch haben die klugen Licht: richtige Gedanken, positive Emotionen. Diese Gedanken und Gefühle sind das strahlende Licht.
Doch auf wen warten sie? Das "Kommen des Bräutigam" meint das Bewusstwerden des göttlichen Teils in der Seele, das was man in anderen spirituellen Traditionen als Manas, Geistselbst, "Höheres Selbst", Engelsnatur bezeichnet. Keiner kennt die Stunde. Früher oder später wird es kommen, spätestens mit dem Tod (oder mit dem zweiten oder sogar dritten Tod, wie wir es nennen, Anmerkung: was Daskalos damit meint, bleibt vorerst unklar).
Angenommen man hat gegenwärtig eine Persönlichkeit, die sehr, sehr schlechten Gebrauch von ihren fünf Sinnen macht. Wie wird diese Persönlichkeit die "Ankunft des Herrn" erleben? Und wer ist der Herr? Wer ist der Bräutigam? Die Geistgeburt des Menschen, die Verwirklichung des Gott-Seins in der Theosis, der mystischen Gottesvereinigung. Jederzeit könnte der gewöhnlichen Ich-Persönlichkeit dieses Ereignis widerfahren ohne darauf vorbereitet bereit zu sein, ohne "Öl" in den "Lampen" zu haben (Anmerkung: Daskalos meint vielleicht einen unvorhersehbaren plötzlichen Tod, Unfall, Krankheit etc.). Wie kann man den Bräutigam erkennen, wie das göttliche Seelen-Ich in uns erkennen, wenn niemand den Zeitpunkt der Ankunft kennt? Bedenke, das "Öl" ist die Ursache; Vernunft im Denken, Empathie im Fühlen und Weitsicht im Handeln auf materieller Ebene, die fünf Sinne weise gebrauchend. Das ist es, was Licht gibt.
Spiritual Science ~ Anthroposophy ~ Arts ~ Esoteric Christianity ~ Rosicrucianism
Donnerstag, 15. August 2019
Dienstag, 2. Juli 2019
Olaf Koob über das zweite Jahrsiebt
"Nehmen wir an, das erste Jahrsiebt eines Kindes wäre unproblematisch verlaufen. Die zweiten Zähne als Zeichen des rein organischen Abschlusses bilden sich langsam heran, intellektuelle Fähigkeiten werden frei, die sich betätigen möchten, aber auch einer gewissen Führung durch Autorität bedürfen. Das Kind muß sich seelisch-leiblich nach außen ausdehnen und darf sich nicht zu früh auf sich selbst fixieren. Weltinteresse macht gesund, Selbstinteresse macht krank. Der drogensüchtige Fixer später ist immer auf sich selbst fixiert - hier im zweiten Jahrsiebt werden die ersten Keime für diese krankhaften Erscheinungen gelegt.
Wodurch? Durch ein zu frühes Ansprechen und den Gebrauch von noch schlummernden Seelenfähigkeiten, z.B. in der eigenen Urteilsbildung und in Entscheidungen. Erst nach der Pubertät ist dafür die Reife vorhanden. Die selbstverständliche Autorität muß die Quelle der Wahrheit sein, erst später kann man sie kritisch hinterfragen.
Durch ein zu frühes Auf-sich-geworfen-Sein entstehen Vorbehalte, Vorurteile und zu starke Selbstliebe, mit denen die Jugendlichen später wie mit einem 'Vorstellungsgespenst' zu kämpfen haben. Kommt dann noch die verfrühte Sexualität dazu, wird auch die leibliche Selbstfixierung zu früh erreicht.
Die seelischen Fähigkeiten, die Verbindung mit dem Fremden, anderen, der 'Liebeleib' (Astralleib) wird schon in frühester Jugend korrumpiert: Warum stehen Jugendliche nicht mehr auf, wenn ein älterer Mensch in die Straßenbahn einsteigt, warum schlagen sie ältere menschen zusammen und zeigen keine Reue vor Gericht? Wundern sich die Lehrer da noch, wenn die Schüler zu die frühe Kritik nun ihrerseits auf die Lehrer anwenden und gegen alles Vorurteile entwickeln? Ich glaube man kann jetzt verstehen, warum Rudolf Steiner die zu frühe Intellektualisierung als eine 'Erdenplage' bezeichnete. Denn die geringe Hingabefähigkeit macht griesgrämig und hypochondrisch (...)"
Olaf Koob, Drogensprechstunde (1990), Kapitel Das zweite Jahrsiebt
Olaf Koob, Drogensprechstunde (1990), Kapitel Das zweite Jahrsiebt
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